Engelsbilder 

Tod eines Architekten 

Der Tod II  

berührt

lezarde

Tetrao Urogallus

this corrosion  

Im Moor, nahe des Erlenhügels 

EOS

Die Schildkröte mit dem goldenen Panzer  Programmänderung   Die Liebe eines Zyklopen 
Der Weg  

der tod

 

 

Engelsbilder
ElfenPein © Jun 03


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die flügel sind weiß
ei-weiß

die kinder klatschen in die hände
sie 
wissen
be
scheid


I. 

Oben in den Wolken hockt ein Buchhalter samt Planeten. Die Zahlen bohrt er mit den Fingernägeln in die Planeten, holt die weichen Innereien heraus und laust seine kleinen Kinder. Phantasien hat er oft, der Alte, aber er wäscht sie mit Nagelbürste und Bleichmittel rückt er dem Wege zu Leibe, so dass der aufkreischt und sich auf sich selbst macht. (falls Sie sich verlesen haben: ich habe NICHT geschrieben, er hätte es sich selbst gemacht)

II.

Also: Dieser Turm hat 7 Stockwerke und die Wände haben Chlorophyll intus. Man könnte meinen, das sei eine Droge aber es ist nur ein Grundzeugsdingsbums; vielleicht eine Erwerbssteuer, wer weiß das schon genau, wo der Herr Finanzminister seine Hände hat, wenn’s um die Wurst geht.

III.

Zerzaust und blutüberströmt sind sie die kleinen BEngel, da sagt der HERR, man spreche seinen Namen bitte überdeutlich aus, schließlich ist er auch großgeschrieben und hat die Sozialversicherungshöchstbemessungsgrundlage schon längst überschritten, Vienna, sagt er und meint nicht Wien, meint nicht das Lied von Dernière Volonté, meint die Fotze der Engelin, die genauso stinkt wie die seiner Exfrau Enna.

IV.

Ich beiße mir schon die ganze Zeit in den Unterarm, er redet noch immer nicht mit mir, obwohl man meinen könnte, verdammt! immer kann man meinen, ich werde dieses Scheißwörterbuch bald in die Luft sprengen, weil es um so kreativer ist als mein Deckel meiner Klobrille und eigentlich will ich das gar nicht mehr, jedenfalls wollte ich damit sagen, es fließt genug Rotwein in den Adern meines Unterarms, ich werde ihn aufbeißen und dann trinken, dann brauche ich nicht wieder zur Flasche greifen.

V. 

Sitzen auf alle Fälle einmal drei Engel auf einer Wolke, hach es ist doch so verdammt egal, was für eine Wolke, bitte unterbrechen Sie mich nicht!, also sitzen drei Engel halt so auf einer Wolke, sagt der, nein ich bitte Sie, Engel sind geschlechtslos, es tut nicht zur Sache, ob ich der oder die sag, er oder sie, Hundsfötter sind sie allesamt, also sagt der halt zum anderen, oder, damit Sie endlich eine oder zwei Ruhen geben, zur anderen, na, ich weiß, da bleibt der dritte Engel über, aber der hält eben seine Fresse, genauso wie Sie es jetzt eigentlich tun sollten, wenn Sie’s jetzt endlich hören wollen, also, wo war ich stehen geblieben? Okay, gut, der eine sagt zur anderen, achso, nein wirklich, Sie kennen den schon?

VI.

Uns bleibt allen nur das Ende, tönt Gott aus seinem Lautsprecher und rammt sich den Dreizack (oder war’s etwas anderes, ich will’s lieber nicht wissen) in sein NASENloch.


Darf ich?
Bitte?
Möchte so gern. 

 

 

 

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berührt
ElfenPein © Jul 03 

mach dich mich nicht berührt haben 
was hast du vergessen von den 
wolken, den katzen und göttern, 
die wir von oben, am hügel, sahen? 

ein leib ist gekreuzigt mit eisernen ringen 
ein engel mit zerbrochenen gläsernen schwingen 
früher gab es mütter, die schimpften 
& nahmen einen dann gleich in den arm 
macht ja nichts, meine kleine, 
es war ja nicht lebendig 

und wie die leute schauten 
als ich mit blutigen händen 
und einem kopflosen huhn 
aus des nachbars stall kam 
sie schüttelten die köpfe 
sie wollten nicht begreifen 

bei vollmond schlich ich mich raus 
und suchte in der rinde der 
alten eiche die liebe 
die rinde zerfurcht 
wie auch ich 
aber der kalte wind 
und die schreie 
jagten mir doch angst ein 
alles war so wie ich 

ich fühlte mich 
über den dächern 
nie erhaben 
ich wusste nur, 
ich konnte tief fallen 
manchmal gab mir jemand 
ein bisschen wärme, hände 
aber es war die falsche liebe 
und ich ward verbrannt 

die leute sahen die brandflecken 
und schüttelten den kopf 
ich steckte den meinen in 
alles was ich fand 
um meine seele zu schützen, 
sie war das einzig kostbare 
was ich noch hatte 

an den heißen tagen 
lag ich neben den eisenbahnschienen 
und es roch so nach blut 
wenn ein zug vorbeikam 
lebte ich auf - erbebte 
ich wusste, dass ich noch atmete 
ich atmete die 
eisenhaltige, blutige luft

 

 

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this corrosion
 
(rotzige gedanken aus einem verkühlten hirn) 
ElfenPein © Jul 03 

die sonne ist schon
weg vom fenster

ich muss aufs klo

es ist dunkel
meine augen schmerzen
vom bildschirm

meine haare gehören gewaschen

da draußen sind so viele
und ich bin hier
allein

sisters of mercy
aus einem vergammelten cd-player

und kein rotwein daheim

niemand schreibt mir briefe

mein geliebter treibt durch die nacht
die nacht vertreibt mich
treibt mich zurück in mein
schneckenhaus

es gibt viel zu viel zu tun

wer, wenn nicht ich?
wann, wenn nicht jetzt?
ich hasse parteiplakate

es ist schund,
sagt mir kafka
du bist scheiße,
wird jelinek direkt
hör auf zu schreiben,
rät mir goethe väterlich
such dir ein anderes hobby,
schreit mich stendhal an
hier nimm, 
sagt hemingway
und hält mir seine flasche whiskey entgegen

es sind soviele gestalten
auf meinem schreibtisch

aber keine
redet mit mir

und da bin ich auch schon wieder
bei meinen selbstmordgedanken
und der standard-gedroschenen phrase:
erschießt mich bitte wer?

 

 

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die schildkröte mit dem goldenen panzer 
(ein antimärchen)
ElfenPein © Feb. 04 

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Es war einmal eine Schildkröte mit goldenem Panzer. 
In einer chinesischen Kleinstadt, tief im Landesinneren, war sie am Marktplatz an einem Pflock festgebunden. Die Bewohner von Menghuo, der Kleinstadt, lebten in Saus und Braus: ging ihnen einmal das Geld für Mittagessen, Kleidung oder Spiel aus, so gingen sie auf den Marktplatz, schabten Gold vom Schildkrötenpanzer und tauschten dieses um. So besaßen alle Menghuoaner einen dicken Bauch, waren von Kopf bis Fuß mit edlem Geschmeide behängt und taten den ganzen langen Tag nichts als dann und wann zur Schildkröte zu pilgern. Aber viele hatten dafür schon ihre Diener. 

Die Schildkröte war ihr Leben bald leid. Ihre Füße taten weh, weil sie sich nicht bewegen konnten und die Leute aus Menghuo ihr dauernd darauf herumtrampelten, ihr Rücken schmerzte, da einige Leute das Gold so schnell von ihrem Panzer abschabten, dass sie bis auf das weiche Fleisch kamen. Für gewöhnlich wuchs das Gold nach, aber das dauerte einige Viertelstunden und die Menschen waren so gierig, dass sie nicht so lange warten wollten. 

In der Nacht konnte die Schildkröte auch kein Auge zumachen. Die Menghuoaner schabten auch bei Fackellicht. 

Die Schildkröte seufzte und legte matt den Kopf auf den Boden. 
Da erschien ihr die Göttin Wa, jene, von der auch die Legende ging, dass sie die Menschen erschaffen hätte. Und sie hatte Mitleid mit der Schildkröte. 

"Du hast einen Wunsch frei, armes Wesen", sprach sie. 

"Ich wünsche mir einen ganz normalen Panzer, ich möchte eine ganz normale Schildkröte sein." 

"Dein Wunsch ist mir Befehl", sprach Wa und der Panzer der Schildkröte verwandelte sich. 

Die Bewohner schabten unablässig weiter, es dauerte, bis sie draufkamen, dass sie kein Gold mehr abschabten, sondern nur Schnipsel von einem ganz normalen Schildkrötenpanzer. 

Wütend schmissen sie ihr Werkzeug auf den Boden und brüllten. 

Ihr Anführer, der große, dicke Zhen Wang, der sich selbst Bürgermeister von Menghuo betitelte, ließ sich einen großen krummen Säbel reichen 
und schnitt unter den Worten "jetzt taugt sie sowieso zu gar nichts mehr" der Schildkröte die Kehle durch.


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Tod eines Architekten 
ElfenPein © Jun 03 

Die Häuser stürzen
Die Kirche schließt
Du, der du dein Leben
mit Kieselsteinen gekennzeichnet;
schwarzen und weißen

Du hast deine Grabsteine
schon so früh gesetzt,
man wird deiner gedenken,
denn dein Name 
ist in eine Tafel der Ewigkeit 
eingemeißelt

Und wie aus den Ruinen Roms
die großen Kaiser
die großen Götter
wieder aufstiegen
so wird auch dein Geist
im Haus um die Ecke

weiter
verdammt viele Partys feiern
Bier trinken
Weiber bumsen

Nur schade,
dass du das nicht mehr miterlebst.

 

 

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lezarde
ElfenPein © Okt 03

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Es waren einmal ein kleines Mädchen und ein Hagebuttenstrauch.


wenn das kleine mädchen einmal schlimm war, schlug ihre
mutter ihr immer mit dem märchenbuch auf den kopf,
irgendwas ließ dann das kleine 

mädchen mutter mutter sein
ging in die küche
und holte sich ein bier
aus dem kühlschrank.

„warum hast du mir keines mitgebracht?“ fragte die mutter als das töchterlein wieder zurückkam und schlug ihr erneut mit dem märchenbuch auf den kopf.

da reichte es dem kleinen mädchen.

es schlug den hals der bierflasche am wohnzimmertisch kaputt und fuhr mit den scherben 
--- zensiert wegen gewaltverherrlichung ---

und wieder ließ das kleine

mädchen mutter mutter sein
ging in die küche
und holte sich ein zweites bier
aus dem kühlschrank.

„hey!“ sprach der kühlschrank.

das kleine mädchen erschrak, ließ die bierflasche fallen und rannte davon.

„war ja nur nett gemeint“ maulte der kühlschrank ihr hinterher.

aber da war das kleine mädchen schon weg

es war zu seinem kleinen freund,
dem hagebuttenstrauch
gerannt

dort allein, einzig bei ihm
fand es trost

und nur
indem
sie seine blätter rupfte
rollte
und
rauchte

irgendwann, es wurde herbst
trug ihr freund keine blätter mehr
und ihre bloßen, blauen füßchen
trugen sie wider ihren willen
in ihr zuhause zurück

als sie dann sah, dass ihre mutter weggeschafft worden war
die blutflecken aus dem teppich geschrubbt worden waren
und das sofa einen neuen überzug hatte

als sie dann ihren vater
mit einer neuen – diesmal blonden – nutte im ehebett vorfand
und

mit erschrecken 

feststellen musste, dass die blonde nutte zwar kein märchenbuch 
aber dafür

das allgemeine bürgerliche gesetzbuch

besaß, das doppelt und dreifach wog


packte sie ihre sachen
und grub
sich durch den hagebuttenstrauch



in die freiheit.

 

 

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Im Moor, nahe des Erlenhügels 
ElfenPein © Mar 03

Die Moorleiche in ihrem Moor
die schläft auf ihrem kalten Ohr
Im Herz, da steckt ein Silberkeil
denn einst, da bot sie Knoblauch feil

Der Nachtrabe krächzt ihr ein Lied
weil er sie heimlich, still & leise liebt
und krächzt er nicht, so macht er Rast
hoch überm Moor, auf einem Ast

Die Moorleiche summt leis dazu
sonst hat sie nämlich soviel Ruh
und erwidert seine Liebe versumpft
das Summen unterm Torf klingt dumpf

 

 

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Programmänderung 
ElfenPein © 23.9.02 

Heute kein Mond.
Der Mond hatte eine
zu niedrige Einschaltquote.
Deshalb haben wir ihn
aus dem Programm genommen.

 

 

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Der Weg 
ElfenPein © Jul 03 

Wenn die Zeit um ist, 
werden wir wohl gehen müssen. 

Vielleicht noch kurz 
in der Tür stehen 
und letzte Wörter tauschen, 
Zärtlichkeiten austauschen. 

Aber einer wird gehen, 
der andere bleiben müssen. 

Schenk mir ein letztes Licht, 
es ist so dunkel 
da draußen, 
es leuchtet kein Stern. 

Die Dunkelheit zerfasert 
um besser zu ergreifen 
sie, die ohne Geist 
Geist ist, 
sie, die am Anfang war 
und am Ende sein wird 
sie, das Alpha und das Omega. 

Wer mich begleitet, 
der läuft in offene Messer 
Waffen des Weges 

Renn, renn und du 
wirst dich verletzen 

Begleite mich nicht. 

Deine Wunden würden noch schmerzen 
wenn du mich schon längst aus den Augen verloren hättest. 

Jemand 
hat die Gaslaternen ausgeschaltet, 
sie sind tot. 

Jemand 
fragt verwirrt, 
ob er eine Gaslaterne sei. 

Die Dunkelheit füllt aus 
und ihre Kinder steigen wie Nebel 
Kaltes Wasser kriecht ans Knie 
Barken senden leises Plätschern 
dann stirbt die Akustik 

Es wird immer jemand da sein, 
der dir zärtlich die Wange streichelt 

selbst wenn es nur der Tod ist 
mit seiner kalten Hand

 

 

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Der Tod II 

oder Ein Lacrimosaposter im Dunkeln

ElfenPein © Jan 03 

Ich sehe ihn, den Sensenmann, 
er blickt mich mit leeren Augen an 
und lächelnd schwingt sein Bauernschwert 
hoch oben er auf totem Pferd. 

In seinen Augen leuchtet es rot auf, 
"Lauf, Rapunzel, lauf!" 
sage ich mir, 
denn zum Spaß ist der sicher nicht hier.

 

 

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Tetrao Urogallus 
ElfenPein © mar 04 

I. Klotho

Weit in den Himmel ragen die Bäume
von deren Spinnfäden die Tropfen fallen
Ameisengänge entlang des Honigs, Herzblut
Heimat, weit über den Wolken:

Such dir eine Farbe aus, die Farbe deines Himmels, 
das Haus, in dem du wohnen willst, 
die Leute, mit denen du reden willst: 
such dir doch dein Leben aus, 
schnell, solange sie noch Milch holen ist.


II. Lachesis

Dornen, an denen sich gestochen wird
Weidenzweige geflochten zu Rotkäppchenkörben
und Stacheldrahtzäunen mit wunden Fingern
und verzweifelt-blanken Augen, 
die durch die Maschen sehen.

Keine Minute verloren in falschen Händen,
die Zeit in die schmutzigen gelegt,
den Zeigefinger immer am Abzug,
ich werde dir schon zeigen,
wohin das führt.


III. Atropos

Der Tod ist ein spielendes Kind.
Ein spielendes Kind,
das manchmal auf Tellerminen tritt.
Dreizehn Minuten nach dem Spielen
tritt es auf die Tellermine.
Das Spielzeug ist kaputt.
Die Luft aus der goldenen Kugel gelassen,
der Frosch verkocht.

´Weh! Jetzt geht es klipp und klapp
Mit der Scher´ die Daumen ab,
Mit der großen, scharfen Scher´!
Hei! Da schreit der Konrad sehr.

 

 

 

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EOS
ElfenPein © mar 04 


------------------vino*tinto-------------------

Ich habe noch nie in Feuer geweint,
keine Flamme meinem Auge entgegen,
kein Salz an meiner Hornhaut kristallisiert.
Sandmännchenstaub, Traumscheiße.

Ich habe keinen Kasten, der beim Aufmachen
quietscht und in der Nacht
laufen keine weißen Mäuse über mein Gesicht.
was bin ich froh.

Ich brauche keine Zäune zu streichen,
keine Zähne zu ziehen
mit keinen Zehen zu wackeln.
Ich habe meinen Einsatz
einfach so
verspielt.

Wenn man mich in den Wald schickt,
werde ich mich darin verlaufen.
In der Wüste verdursten.
Auch wenn ich momentan nicht daran glauben kann.
Ist Gott eine Wüste? Oasentränen und
statt Schäfchen Kamele?

Fotos sind nichts als
eine Entwicklung des Todes:
Die Erinnerung trägt Süße;
süßen Verwesungsgeruch.
Samt Stempel: Memento Mori!

 

 

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Die Liebe eines Zyklopen
ElfenPein © Jun 03

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fein
klar
wie Bergstreusel
das ist eine Liebesgeschichte keiner Alm.




I. 

In der Höhle schläft die Bärin. Ihr Junges wacht über die Fische, dass sie nicht fort springen, in dem ewigen Strudel, es rinnt Wasser als Bach aus der Höhle, tief drinnen hat der Berg Tropfsteinhöhlen geboren.

II.

Er weinte rechtshändig. Er tuschte sich die Wimpern von oben nach unten. Schlafen tat er mit herabhängenden Armen. Er hatte keine Tränen, weil niemand da war um den er weinen könnte. Das frische Bergwasser, es mochte aus der Höhlenquelle, aus der Tropfsteinhöhle kommen, ersetzte Tränen, perlte wie Tau und ließ ihn die Sonne durch Kristalle funkeln sehen.

III. 

Er wusste, dass es noch eine andere gab. Abends, wenn er sich Brennholz zur notdürftigen Hütte schleppte, sah er sie durch die Bäume schimmern. Die Bäume waren Birken und schimmerten in der Dämmerung auch, also konnte er sie nicht allzu gut ausmachen. Er sah aber ihr großes Auge, das über die ganze Stirn verlief – sie war keine Frau wie alle andern.

IV.

Er kannte keine anderen Verstrebung als die des Holzes zum Zwecke eines Feuers. Eine Kirche hatte er nie gesehen, die Bärin hatte ihn aufgezogen. Er war kein Bär, kein Fell, keine kleinen Insekten, die sich zwischen den langen Haaren verschliefen konnten. Das Wasser des Sees, die glatte Wasseroberfläche hatten ihn gelehrt, sich zu rasieren. Spitze Steine wuchsen im Wald wie Farn.
Die andere hatte mehr Haare als er. 

V.

Er machte einen ersten Versuch, wollte ihr zeigen, wie man sich rasiert. Sie lief davon, die wilde Frau, den Mund von Blaubeeren verschmiert, Kerne hingen in den Barthaaren.

VI.

Jeden Tag ein Stück näher, er nahm sie wie die Zivilisierten eine Burg, für ihn waren es die Steine im Fluss, über die er sprang um ans andere Ufer zu gelangen. Dort stand sie und ihre langen Haare glänzten, sie hatte Brennholz auf dem Arm. 

Er kam soweit, dass er sie über den Rücken streicheln durfte. Sie hatte nur ein Stück Fuchspelz um die Hüften und trug um den Hals eine Kette aus den Knochen kleiner Nagetiere.

VII.

Er nahm sie mit in seine Hütte und fernab der normalen Welt führte er das Gleiche aus. Es war keine Werbung für Duschgel oder Kaffee, es war der Ruf der Wildnis und der seiner Lenden.

VIII.

Sie gebar ihm im nächsten Frühling, den Winter überstanden sie so recht und schlecht, ans Fell der Bärin angelehnt, zusammengekuschelt, einen Sohn, der hatte zwei Augen, eines von der Mutter, eines vom Vater.

Sie erinnerten sich an keine Bruchstücke, aber sie dachten, er könnte es versuchen. Sie gingen bis zu den Grenzen ihrer Welt, wo sie einem Blitzlichtgewitter ausgesetzt werden hätten können, er war ihr ein und alles, sie ließen ihn auf einem Autobahnparkplatz stehen, in Blätter gebettet.

IX.

Sie nahmen ihn als ihresgleichen an, die zwei Ausgestoßenen starben kurz nach der Bärin. 

 

 

 

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der tod 
ElfenPein © 17.11.02

[still. stumm. verlassen.]















[wenn ich tot bin, 
dann schreibe ich nicht mehr]
[dann müsst ihr meine alten texte rauskramen]

 

 

 

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Geburtstagsprosa zu EPs 18. von Lemann

 

Zum ElfenPeinturm - ein Paradies für Erblindungsfanatiker...

 

 

der kleine hunger zwischendurch

Teamwork-Thread feat.
ElfenPein, MirandaSacricosa, Ludwig Janssen, Sanguis Draconis, Carina Magic, Orinoco, Sam
et al

 

 

 

 

 

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